Die Risalite der langgestreckten Fassade nimmt man als benachbarte Stadthäuser wahr.

Neues Stadtpalais in der Potsdamer Mitte am Alten Markt

Kunde: Potsdamer Wohnungsgenossenschaft 1956 eG Lage: Schlossstraße 1-3, Potsdam Datum: 2018 Größe: 2.559 QM

Neues Stadtpalais am Steubenplatz – Strukturierung in verschiedenen Maßstäben

Ein Neues Stadtpalais in der Potsdamer Mitte stellt den Dialog zum städtebaulichen Umfeld auf verschiedenen Ebenen her. Die Mittel- und Seitenrisalite der langgestreckten Fassade können als benachbarte Stadthäuser wahrgenommen werden. In der steilen Straßenflucht entsteht so eine lebendige Wirkung parzellierter Reihenhäuser. Bei einem Spaziergang um den gesamten Block III ordnet sich die strukturelle Wahrnehmung der Schloßstraße 1 – 3 in die Skala der benachbarten Fassadenbreiten homogen ein.Die horizontale Linienführung der Fassadenkomposition greift wiederkehrende Elemente von Straßenfronten der palastartigen Leitbauten auf. Sockel-, Zwischen- und Mezzaningeschoss sowie die Attikaabwicklung erzeugen eine modern interpretierte Verwandtschaft zur klassischen Geschossgliederung der Bauten des umgebenden Platzes. Unterschiedlich breite und tiefe Fenstergewände bilden den Feinmaßstab des Fassadenentwurfs ab. Sie sind ebenfalls ein tradiertes Gestaltungselement der umgebenden Architektur und zeigen im Entwurf teils tektonische Vertikalität oder erzeugen eher flächig, horizontal orientierte Wandstrukturen. Von unterschiedlichen Standpunkten aus erscheint die Fassade des Stadthauses mehr horizontal oder mehr vertikal orientiert und damit komplex komponiert – ein Zusammenwirken von Fassadenstrukturen verschiedener Maßstäbe.

Vorgängerbauten am „Place aux Fiacre“

Die Errichtung der „Drey Bürgerhäuser nahe am Schlosse“ führte ehemals zu einer barocken Großfassade am „Place aux fiacre“ und manifestierte den Repräsentationswunsch dreier Investoren – in der heutigen Sprache. Offensichtlicher Konsens war zu damaliger Zeit, die Grundstücke von drei Bauherren in eine Form zu gießen, die es mit dem Stadtschloss „aufnehmen“ kann. In den Darstellungen der Blockfassade um 1773 wirkte die Schloßstraße 1 – 3 immer als Fremdkörper und führte zu einem Maßstabsprung zu den benachbarten Parzellen. Der Nachfolgerbau aus der Gründerzeit versuchte die große Gebäudelänge von 34 Metern durch prunkvolle Ornamentierungen in eklektizistischer Manier im Stil der Neorenaissance aufzulösen. Beide Ansätze scheiterten und konnten die Intention der historischen Stadtentwicklung nach Friedrich II. nicht erfüllen. Einerseits fehlte es schlicht an der maßstäblichen Strukturierung der Fassade, andererseits an der gestalterischen Auseinandersetzung mit dem baulichen Umfeld.

Luftige Offenheit im Wohnhof

Die großflächigen Fensterflächen der Hoffassade sind mit ihren breiten Fenstergewänden eine moderne Interpretation der Straßenfassade. Breite Gesimse und Lisenen erzeugen ein ruhiges Fassadenraster mit acht Achsen. Spielerisch sind die 1,50 Meter auskragenden Balkone so versetzt, dass keine nachbarschaftliche Verschattung erzeugt wird. Entsprechend der öffentlichen Nutzungen soll durch schaufensterartige Öffnungen im Erdgeschoss auch der begrünte Innenhof aktiviert werden. Im Dachbereich sind den vier Wohnungen über Gauben begehbare Balkone zugeordnet. Im Hof ist eine Remise geplant, die eine Referenz zur ehemaligen Seitenflügelbebauung darstellt. Der zweigeschossige Bau ist bewusst schlicht gehalten und als Wohnhaus mit ruhigen Wandflächen geplant. Ein schlichtes Detail mit eingestellten Wandflächen in den oberen Fensteröffnungen differenziert zwischen Ober- und Erdgeschoss.

Materialität und Konstruktion

Die architektonische Haltung des Neubaus „Schloßstraße 1 – 3“ ist auf die nachhaltige Weiterentwicklung der überlieferten regionalen Bautradition und Handwerkskunst ausgerichtet. Für die Realisierung sind ausschließlich aus der Potsdamer Baukunst vertraute Materialien vorgesehen. Der gesamte Neubau wird in Massivbauweise mit Poroton-Planziegeln gemauert. Für die Decken kommt Filigranbauweise mit Ortbetonaufbau zum Einsatz. Auch die Errichtung der Dachaufbauten erfolgt in traditioneller Zimmermannsarbeit als Pfettendach. Für die Gründung ist eine Fundamentbodenplatte vorgesehen. Der gesamte Keller bzw. die Tiefgarage muss, auf Grund der Bodenverhältnisse, als weiße Wanne erstellt werden. Die Materialauswahl der Fassaden ist bewusst reduziert gestaltet und steht im Einklang mit Baustoffen der historischen Nachbarbebauungen. Ausschließlich hellbeiger Scheibenputz feinster Körnung, graugelber Sandstein in Bildhauerqualität und grüngrau-lackierte Holzfenster wurden hier ausgewählt. Attiken und Gesimse werden traditionell mit vorbewittertem Titanzink verblecht. Die Schrägdachbereiche des Hauptgebäudes erhalten eine rotbraune Biberschwanzdeckung in Kronendeckung. Die Schaufensteranlagen im Erdgeschoss werden großformatig mit Baubronzeprofilen gerahmt. Alle öffentlich begehbaren Bereiche der Ladeneinheiten, der Lobby und des Treppenhauses erhalten Bodenbeläge aus Sandstein. Die Typologie der Remise im Hof wird durch die Verwendung von hellbeige geschlämmtem Klinker unterstützt. Auch hier sind Holzfenster grüngrau-lackierte Holzfenster geplant.